Ein besonderer Morgen in Solla

Dumpf klingen die Trommeln vom Dorf zu uns herüber.
Hier, etwas oberhalb von den übrigen Hütten, erleben wir die Totenmesse mit einem stetigen Wechsel des Rhythmus der Spieler. Schon seit dem gestrigen Abend spielen die Trommler und mit ihrer Musik versuchen sie mit ihren Vorfahren Kontakt aufzunehmen und erbitten für den Verstorbenen eine gute Reise ins jenseitige Reich.
In meiner moskitosicheren Koje lausche ich  der Musik und im Relief des Fensters erwacht langsam der neue Tag. Unwirklich liege ich hier und überlege, was ich noch vor 1 Monat zu dieser Situation gesagt hätte, falls man mir diesen Moment beschrieben hätte. Doch das ist jetzt nebensächlich, denn die Musik berührt mich wieder mit ihrem Klang und die Gedanken zerfallen beim Hauch der Dämmerung.
Gerade in diesem Moment beginnt wieder eine große Trommel einzustimmen, ganz dumpf ruft sie ihre Laute hinaus ins Land.
Immer wieder wechseln sich fordernde Trommelschläge mit langanhaltenden Patterns ab und erzeugen so ein Musikgespräch von Frage und Antwort , rufen nach den Geistern und Ahnen, die hier in Afrika, in dieser unendlichen Weite von Ebenen und Bergen, noch immer  wohnen.
Gerade dieses Eintauchen meiner Gedanken  in die Musik lässt die Trommeln singen und ebbt doch urplötzlich ab und verstummt. Nur eine Djembe spielt weiter und klingt weitentfernt, zumindest so, als wolle sie der Nacht folgen.
Ich habe erfahren, dass es nur über diese Trommelzyklen den Einwohnern möglich sein soll, mit ihren Geistern zu sprechen. Dabei spielen die Wiederholungen eine sehr wichtige Rolle, denn erst durch sie erleben die Trommler und Tänzer  jene tranceartigen Zustände die einem Rufen gleichen.
Die übernatürliche, unsichtbare Welt der Ahnen soll eng mit der natürlichen Welt verbunden sein und vor allem über die Musik kommunizieren die beiden Welten miteinander. Die zu befragenden Geister verstehen nicht die Wortsprache, umso besser die Musiksprache. Dabei spielt die Zeit keine Rolle.
Die Kommunikation mit Geistern und Ahnen wird bei allen bedeutenden Ereignissen gesucht, dazu gehören auch die Heilung  von Krankheiten und die Begleitung der Toten, im Augenblick hörbar mit dieser dumpfen Musik.

 

 

Jetzt beginnt noch einmal der Reigen der Trommeln  in einem Zusammenspiel  zu einer  vorher nicht gekannten Talking-Drum, die Tonhöhe und die Klangfarbe unterscheiden sich klar, um auf den Höhepunkt zuzusteuern.
Während des nunmehr schon eine Viertelstunde andauernden Trommelkreises, fallen melodische Zwischenspiele auf, die einander ergänzen und sich treiben.
Doch nun stoßen die Trommeln ihre Schläge im Gleichklang in die endende Nacht, der Morgenhauch trägt sie herauf und die Trommler spielen das Finale, die Musik ebbt ab.
Drüben am Papaya-Hain zieht die Dunkelheit im Kampf gegen das Licht an den Kronen, um ihr Dasein bis zum Ende des Liedes zu verlängern, doch ebenso wie die Musik jetzt endet, beginnt auch der Morgen.
Stille zieht ein.

 

Erklärung:
Die beliebteste afrikanische Trommel ist die Djembe.
Ihre Popularität verdankt sie ihrem großen Spektrum an Tönen, von tiefen Bässen über brillante Open bis zu knackig prägnanten Slaps, die mit den Händen gespielt werden.
Die Djembé ist eine einfellige Bechertrommel aus Westafrika, deren Korpus aus einem ausgehöhlten Baumstamm besteht.
Sie ist ein großes kulturelles Erbe West Afrikas.
Es ist ein besonderes Erlebnis in der Gruppe zusammen zu spielen, faszinierend die Rhythmen aufzunehmen.