Fussball- Was für ein Spiel ?

Heute nun sollte das große Spiel stattfinden. Die Fussballmannnschaft von Solla hatte ihr Spiel gegen eine andere Dorfmannschaft aus Solla und Umgebung hier im Ort und das ganze Dorf war schon am Vormittag in Aufregung.

Jeder der einmal nach Afrika kommt, sollte ein Fussballspiel besuchen, falls dazu die Gelegenheit besteht.

Wir wussten ja schon eine ganze Weile, dass ein großes Dorfderby stattfinden würde, denn wir hatten aus Deutschland zwei Pokale mitgebracht, einen großen und einen kleinen.

Diese waren beim Security-Check am Flughafen sogar aufgefallen, doch nach der Inaugenscheinnahme durch den Zollbeamten durften wir beide wieder verstauen und mit unseren Geschenken und anderen Utensilien die Ankunftshalle verlassen.

Unsere Tochter war Sponsor des Spieles und hatte den kleinen Pokal mitgenommen, um ihm später dem Sieger zu überreichen.

Als wir etwas verspätet zum Sportplatz kamen waren wohl schon ca. 10 Minten gespielt, aber es stand noch glücklicherweise 0:0.

Das Spielfeld war in eine kleine Staubwolke gehüllt und da wo sich der Ball gerade befand, war die Staubwolke noch größer, denn es hatte seit November nicht mehr geregnet und so lag über dem ganzen Ort eine feine Staubpatina.

Im Gegensatz zu deutschen Spielfeldern gab es hier nur eine angedeutete weiße Markierung, was sowohl Außenlinie, Sechszehnmeterraum und Torraum betraf.

Stattdessen hatte man die Außenline mit einer kleinen Rinne versehen, in der nur noch Reste aus Weißkalk vorhanden waren.

Als wir uns dem Sportplatz näherten, wurden wir von einem ohrenbetäubenden Lärm empfangen.

Nicht das die Zuschauer viel mehr rufen und in Bewegung sind, nein unserer Freund Charles kommentierte mit einem Mikrofon von einem Stuhl an der Außenlinie das Spiel.

Zur Betreibung der Anlage lief hinter dem Schulgebäude ein Dieselgenerator, der weiteres Lärmpotential entwickelte.

Charles wechselte sich mit einem Freund ab, um auch nur jede Kleinigkeit auf dem Spielfeld mit seinen Worten zu kommentieren.

Ich dachte schon es wären eine Reihe Blinde am Spielfeldrand, die diesen Service bräuchten, nein, jeder der das Spiel sah bekam eine Ansage über Mikrophon gratis dazu.

Wir wurden bei unserem Erscheinen herzlich begrüsst und gleich zu zwei Plastestühlen in der ersten Reihe geführt. Dazu wurde uns auf Solla gesagt, das wären die Plätze für die Gäste.

Ich wollte mich gar nicht hinsetzen, denn die Menschen standen rings um uns herum und während ich saß sah ich nur noch 40 % vom Spiel.

Jetzt kam allerdings eine Person dazu, die es im deutschen Fußball nicht gibt, den Aufpasser.

Dieser freundliche Herr grüßte uns und fuchtelte alsbald mit einer langen Holzrute herum, wenn sich auch nur ein Zuschauer in Richtung Außenlinie bewegte oder diese gar überschritt.

Kaum hatte er einen Zuschauer zurück zu den übrigen Zuschauern gedrückt und ihm mit lauter Stimme auf die Außenlinie aufmerksam machte, in der er mit der Rute in der Rinne entlangstrich, so hatte sich in seinem Rücken schon wieder einer etwas vorgewagt.

Jetzt wurde mir auch klar, wie die Vertiefung in der Erde entstanden war.

 

 

 

 

Das Spielgeschehen in Afrika ist ein typisches "Kick and Rush", wie es in England gespielt wird. Lange Bälle nach vorn und dann sehen was passiert.

Jetzt musste selbst Charles seine Ansage unterbrechen, denn die Zuschauer versperrten ihm die Sicht, obwohl er schon an der "Außenseitenrinne" saß.

Da der Aufpasser gerade in der anderen Spielhälfte für Ordnung sorgen wollte, kletterte Charles, der Kleinwüchsige, auf seinen Stuhl und nahm seine Kommentatoraufgabe wieder auf.

Während dieser ca. 5 Sekunden starrten alle Umherstehenden auf diesen kleinen Mann, denn seine Stimme fehlte plötzlich im Lautsprecher und man wusste nicht so recht was passiert war.

Aber nun ging es weiter. Als Zuschauer hatte man manchmal Mühe die Spieler in ihren Trikots auseinander zu halten, denn bei manchem konnte man keine Einheitlichkeit feststellen, zumal sich das Spielgeschehen öfters auf die andere Spielfeldseite verlagerte und der Staub sein übriges tat.

Da ging ein gegnerischer Spieler zu Boden. Ein Foulspiel, welches nur der Schiedsrichter gesehen haben konnte. Freistoß.

Der Ball wurde in den Strafraum von Solla geschlagen und konnte nur mit Mühe abgewehrt werden.

Doch so schnell wie man ihn aus dem Strafraum befördert hatte, kam er in Form eines Weitschusses zurück und der Tormann flog schon in die falsche Ecke.

Da wehrte ein eigener Spieler den Ball gerade noch ab, doch dies geschah höchstwahrscheinlich mit der Hand, wie ich annahm, denn sogleich erfolgte der Pfiff des Schiedrichters.

Was jetzt passierte ist mir in meinem Fußballerdasein noch nicht untergekommen.

Die bisher relativ besonnenen Zuschauer beider Mannschaften stürmten auf den Platz und ein jeder versuchte den Schiedsrichter zu beeinflussen, wobei alle hektisch gestikulierten, Lärm, Staub und Chaos pur.

Die Ordnungshüter hatten massive Probleme, die Fans wieder vom Spielfeld zu drängen, doch irgendwie klappte es dann doch.

Nach einer kleinen Ewigkeit an Spielunterbrechung standen alle Zuschauer wieder halbwegs an der Seitenlinie und der Aufpasser vermied es jetzt in deren Nähe sich um Ordnung zu kümmern.

Der fällige Elfmeter wurde ausgeführt. Der Torwart flog wieder in die falsche Ecke und es stand 0:1 gegen Solla 1, so will ich sie einmal nennen.

Wütend gingen die Spieler von Solla 1 zum Anstoßpunkt und wollten nun wenigstens noch den Ausgleich, was sie auch mit stürmischen Angriffen auf das Tor von Solla 2 zeigten.

Mein Freund Aime, Kapitan der Solla1-Mannschaft , spielte sich ein paar Male geschickt durch, doch sein Abspiele konnte keiner aus seiner Mannschaft aufnehmen.

Alle liefen jetzt zur Bestform auf, da ein Schuss, der Tormann von Solla 2 stürzte, der Ball am Pfosten, zurück im Spiel und von der Verteidigung geklärt, die Zuschauer und ich nahe am Herzinfrakt, ein paar waren schon wieder auf dem Spielfeld.

Jeder wusste nun das der nächste Schuss den Ausgleich bringen konnte und würde, doch da ein Pfiff das Spiel war aus.

Ein Zuschauer neben mir zeigte mir stolz seine neue Uhr und konnte nicht verstehen wieso jetzt abgepfiffen worden war.

Ich konnte ihm nicht helfen, ich hatte keine Uhr und konnte die Spielzeit nicht vergleichen.

Er klopfte mir auf die Schulter und ging mit einem Selbstgespräch in Richtung Schule davon.

Wie es sich gehört, wurde nun noch der Pokal überreicht und ich musste meinen Freund Aime trösten, denn er und seine Mannschaft hatten verloren.

Was für ein Spiel und was für Zuschauer.

In Deutschland wäre bei diesen Zwischenfällen abgebrochen worden, in Solla Gott sei Dank nicht.